Bauliche Veränderungen – auch rein optische Veränderungen sind erfasst BGH, Urteil vom 18.07.2025 – V ZR 29/24

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.07.2025 (Az. V ZR 29/24) einen langjährigen Streit entschieden:
Eine bauliche Veränderung setzt keinen Substanzeingriff in das gemeinschaftliche Eigentum voraus. Es reicht vielmehr aus, wenn das optische Erscheinungsbild der Wohnungseigentumsanlage wesentlich verändert wird.

Der Fall:
Gegenstand des Verfahrens war eine auf einer Balkonbrüstung installierte Solaranlage. Die Eigentümer hatten neun Solarmodule über die gesamte Länge der Balkonbrüstung angebracht – ohne feste Verbindung mit der Balkonbrüstung selbst.

Die Entscheidung des BGH:

  • In den Randnummern 16–22 stellt der BGH klar:
    Ein Substanzeingriff ist nicht erforderlich, um von einer baulichen Veränderung auszugehen.

  • Dies gilt sowohl nach alter Rechtslage (§ 22 Abs. 1 WEG a.F. i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB) als auch nach neuer Rechtslage (§ 20 Abs. 1 WEG i.V.m. § 1004 BGB).

  • Zitat Rn. 16:
    „Der Rückbauanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht unabhängig davon, ob die Anlage vor oder nach dem 01.12.2020 angebracht worden ist und also neues oder altes Recht anwendbar ist.“

Begründung des Gerichts:
Die Vorschriften über bauliche Veränderungen dienen dem Schutz der Miteigentümer vor ungenehmigten Eingriffen. Erfasst sind daher:

  • Substanzeingriffe in das Gemeinschaftseigentum,

  • wesentliche optische Veränderungen, sofern sie nicht nur vorübergehend bestehen.

Beispiele für lediglich vorübergehende Nutzungen, die keine bauliche Veränderung darstellen:

  • Aufstellen eines Sonnenschirms,

  • Platzierung eines aufblasbaren Pools im Garten.

Im konkreten Fall bejahte der BGH eine bauliche Veränderung:

  • Die Solaranlage war von außen deutlich sichtbar.

  • Ihre Größe (neun Module über die gesamte Balkonbrüstung) führte zu einer wesentlichen Veränderung des optischen Erscheinungsbildes.

  • Unerheblich war, ob die Anlage nur aufgestellt oder fest verbunden war.

  • Auch die auffällige Farbgestaltung war für die rechtliche Einordnung nicht ausschlaggebend.

Fazit:
Jede wesentliche, auf Dauer angelegte Veränderung des optischen Erscheinungsbildes der Wohnanlage stellt eine bauliche Veränderung dar. Sie ist nur zulässig, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen entsprechenden Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG fasst.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr FSB-Team
Thomas Brandt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht