Anspruch der Wohnungseigentümer auf persönliche Teilnahme an Eigen­tümer­versammlungen während Virus-Pandemie

andgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2020
– 2-13 S 108/20

Bewerben von Vertretungs­möglich­keiten durch Verwalter sowie Anmietung eines Saals anhand zu erwartender Teilnehmerzahl nicht zu beanstanden

Wohnungseigentümer haben auch während einer Virus-Pandemie einen Anspruch auf persönliche Teilnahme an Eigen­tümer­versammlungen. Jedoch ist es zulässig, dass der Verwalter Vertretungs­möglich­keiten bewirbt und bei der Anmietung eines Saals sich an der zu erwartenden Teilnehmerzahl richtet. Dies hat das Landgericht Frankfurt a.M. entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein WEG-Verwalter während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 sämtliche 11 Eigentümer zu einer Eigentümerversammlung geladen. Es sollte dabei um den Fassadenanstrich gehen. In der Einladung führte der Verwalter aus, dass aufgrund der Größe der Sitzungsräume die Anzahl der anwesenden Eigentümer auf 10 Personen inklusive dem Verwalter beschränkt werden müsse. Der Verwalter bat zugleich darum, möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung zu erteilen. Sollte die Teilnehmerzahl überschritten werden, hielt sich der Verwalter die Absage der Versammlung vor. Nachdem auf der Versammlung ein Beschluss über den Fassadenanstrich getroffen wurde, ging eine Wohnungseigentümerin gegen den Beschluss mittels einer einstweiligen Verfügung vor. Sie gab an, in ihrem Recht auf persönliche Teilnahme an der Eigentümerversammlung verletzt worden zu sein.

Amtsgericht Kassel erließ einstweilige Verfügung

Das Amtsgericht Kassel gab dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung statt. Denn der Beschluss sei seiner Ansicht nach nichtig. Aus der Einladung ergebe sich, dass zwei Eigentümer nicht persönlich an der Eigentümerversammlung teilnehmen konnten. Dies sei auch angesichts der Corona-Pandemie ein nicht hinnehmbarer Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Eigentümer. Gegen diese Entscheidung legten die übrigen Wohnungseigentümer Berufung ein.

Landgericht verneint Verletzung des Rechts an persönliche Teilnahme an Versammlung

Das Landgericht Frankfurt a.M. entschied zu Gunsten der übrigen Wohnungseigentümer. Zutreffend sei, dass auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein Anspruch der Eigentümer auf persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen bestehe. Es sei unzulässig, Versammlungen dahingehend einzuschränken, dass lediglich eine Teilnahme einzelner Personen gewährleistet wird und die übrigen Eigentümer Vollmachten zu erteilen haben oder von vornherein lediglich zu sogenannten Vertreterversammlungen geladen wird. So lag der Fall hier aber nicht.

Kein Vorliegen einer Ausladung einzelner Wohnungseigentümer

Nach Auffassung des Landgerichts enthalte die Einladung des Verwalters keine Ausladung einzelner Wohnungseigentümer. In der Einladung sei lediglich darauf hingewiesen worden, dass ein Versammlungssaal für 10 Personen angemietet wurde. Zugleich sei auf die Erteilung von Vollmachten hingewiesen worden. Diese Vorgehensweise sei nicht zu beanstanden. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sei es ein sachgerechtes Ermessenskriterium, sich bei der Auswahl des Versammlungsortes an der zu erwartenden Teilnehmerzahl zu orientieren und dabei Vertretungsmöglichkeiten aktiv zu bewerben.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.02.2021
Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (zt/WuM 2021, 66/rb)