WEG-Verwalter muss Einsicht in die Verwaltungsunterlagen gewähren – auch zu Corona-Zeiten

Im zu entscheidenden Fall verlangte ein Eigentümer von der Verwalterin Einsicht in Verwaltungsunterlagen.

Aufgrund der Corona-Verordnung des Landes sah sich die Verwalterin daran gehindert, Wohnungseigentümern Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren, solange die Sicherheitslage ungewiss sei. Zudem konnte ihrer Ansicht nach die Einhaltung sämtliche Hygienevorgaben bei einer Belegeinsicht nicht gesichert werden.

Eine solche Einsichtnahme findet jedoch grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters statt, der dafür auf Verlangen des Eigentümers zumindest zeitnahe Termine anzubieten und einzuhalten hat (vgl. BGH, 11.02.2011 – Az: V ZR 66/10); nur ausnahmsweise kann sich ein Anspruch auf Übersendung von Kopien aus dem Einsichtnahmerecht des Wohnungseigentümers ergeben, wenn Treu und Glauben es gebieten.

Zwar herrschte im März 2020 und damit zum Zeitpunkt der Anforderung des Eigentümers – angesichts des sich ausbreitenden Sars-CoV2-Virus nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei Behörden und Unternehmen große Verunsicherung. Allerdings lässt der pauschale Hinweis der Verwalterin, dass die Einhaltung „sämtlicher Hygienevorgaben“ bei einer Belegeinsicht nicht habe gesichert werden können, nicht erkennen, auf welche Vorschriften sich die Verwalterin bezieht und welche Bemühungen sie unternommen hat, diese einzuhalten. Sonstige Rechtsnormen oder Tatsachen, die es ihr in der Zeit bis Mai 2020 unmöglich machten, Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren, hat die Verwalterin nicht bekannt; solche sind auch nicht ersichtlich.

Geradezu befremdlich mutet schließlich die Rechtsauffassung an, dass es in der konkreten Situation nicht ihre Aufgabe, sondern diejenige des Eigentümers gewesen wäre, Alternativen – wie beispielsweise eine Übersendung von Kopien gegen Übernahme der Kosten – anzubieten.

AG Geislingen/Steige, 06.07.2020 – Az: 1 C 172/20 WEG

Quelle: AnwaltOnline
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