Strafbarer sexueller Übergriff wegen absprachewidrigen vaginalen Samenergusses

Oberlandesgericht HammUrteil vom 01.03.2022
– 5 RVs 124/21 –

Einverständnis mit Sex kann unter Bedingungen stehen

Das Einverständnis zu sexuellen Handlungen kann unter der Bedingung stehen, dass es nicht zu einem vaginalen Samenerguss kommt. Wer sich daran nicht hält, kann sich wegen sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar machen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2017 kam es zwischen einem Mann und einer Frau zu Geschlechtsverkehr. Dabei war zwischen den beiden abgesprochen worden, dass der Mann seinen Penis aus der Vagina ziehen soll, bevor es zum Samenerguss kommt. Über diese Absprache setzte sich der Mann aber eigenmächtig hinweg. Wegen des Vorfalls verurteilte das Amtsgericht ihn unter anderem wegen Vergewaltigung. Das Landgericht Essen hat ihn von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Nunmehr musste das Oberlandesgericht Hamm über den Fall entscheiden.

Strafbarkeit wegen sexuellen Übergriffs

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand des sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB verwirklicht habe. Das Einverständnis mit der sexuellen Aktivität könne unter der Bedingung stehen, den vaginalen Geschlechtsverkehr vor dem Samenerguss zu beenden. Setzt sich der Sexualpartner bewusst absprachewidrig über diese vom Opfer gesetzte Grenze hinweg, stelle dies eine so erhebliche Abweichung vom konsentierten sexuellen Handlungsgeschehen dar, dass die sexuelle Handlung nicht mehr vom Einverständnis gedeckt und damit regelmäßig nach § 177 Abs. 1 StGB strafbar sei. Es sei zu beachten, dass dem Samenerguss in der Vagina in sexualstrafrechtlicher Hinsicht eine andere Handlungsqualität als der bloßen vaginalen Penetration zukomme.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.04.2022
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)