Ist es zulässig an einem Mieter (Arzt) zu vermieten, der an Drogensüchtige Methadon als Drogenersatz ausgibt?

Leserbrief:

Wir haben folgende Frage:

In einer großen Eigentümergemeinschaft, in der sich Wohnungen, Ladenlokale und Artpraxen befinden, hat eine weitere Arztpraxis eröffnet, die an Drogensüchtige Methadon als Drogenersatz ausgibt. Folge ist, dass sich täglich eine Vielzahl Drogenabhängiger im Bereich der allgemeinen Verkehrsflächen der Eigentümergemeinschaft aufhält, dass diese Flächen und auch die Aufzüge durch Urin etc, auch Spritzen verunreinigt werden, andere Besucher des Hauses belästigt werden und ähnliches mehr. Es stellt sich daher die Frage, ob das Betreiben einer derartigen Praxis untersagt werden kann. Gibt es hierzu schon Gerichtsentscheidungen?

 

Als beratendes Mitglied des BFW nehme ich zu Ihrer Anfrage Stellung wie folgt:

 

Die Beantwortung Ihrer Frage hängt von zwei Faktoren ab, von denen nur einer bekannt ist.

 

1. Die Frage, ob im Rahmen des Betriebs einer ärztlichen Praxis im Wohnungseigentum die Methadonabgabe an Drogensüchtige zulässig ist, dass hängt zunächst davon ab, welche Regelung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer (GemO/Teilungserklärung) zur Nutzungszweckbestimmung getroffen ist.

Je enger die Nutzungszweckbestimmung, desto enger ist die Zulässigkeit zu sehen, je weiter, umso weiter; wobei die Abgabe von Methadon m.E. wohl grundsätzlich zum Betrieb einer ärztlichen Praxis zu rechnen sein dürfte.

Die konkrete Nutzungszweckbestimmung ist hier nicht bekannt.

 

2. Des Weiteren ist es so, dass auch bei einem grundsätzlich zulässigen Gebrauch des Sondereigentums eine Untersagung einer bestimmten Nutzung möglich sein kann, sofern Störungen der übrigen Wohnungseigentümer auftreten, die über das in § 14 Anr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehen.

Im vorliegenden Fall wäre der Aufenthalt der Drogensüchtigen mit allen „Begleiterscheinungen“) sicherlich eine solche Störung.

 

3. Zur Illustration, wie die Rechtsprechung diese Dinge beurteilt, anbei Auszug aus einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf Beschluss vom 14.01.2002 – 3 Wx 336/01), wobei darauf hinzuweisen ist, dass es sich hier nicht um eine Arztpraxis, sondern um eine städtische Methadonabgabestelle handelte:

 

Leitsatz:

Teileigentumseinheit mit Zweckbestimmung zur Ausübung eines „beliebigen Gewerbes oder Berufs“ gestattet auch die Einrichtung einer städtischen Methadon-Abgabestelle

1. Bei der in einer Teilungserklärung mit festgelegter Nutzung der im Erd- und Kellergeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten zur Ausübung eines „beliebigen Gewerbes oder Berufs“ handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gem. § 15 Abs. 1 WEG. Eigentümer und auch spätere Erwerber müssen sich darauf verlassen können, dass keine Nutzung zulässig ist, die mehr stört oder beeinträchtigt als die in der Teilungserklärung genannte; ob dies der Fall ist, ist nach einer typisierenden Betrachtungsweise zu beurteilen; dabei ist auch auf den Charakter der Wohnanlage und die diesen prägenden örtlichen Verhältnisse abzustellen (h.M.). In objektiver Auslegung ist bei vorliegender Vereinbarung grundsätzlich von jedem erlaubten Gewerbe und erlaubten Beruf auszugehen.

2. Mit dieser Zweckbestimmung kann auch die Vermietung eines Teileigentums (wie vorliegend) zum Zweck der Errichtung einer städtischen Methadon -Abgabenstelle vereinbar sein, wenn die nähere Umgebung des in der Innenstadt gelegenen Hauses durch das Vorhandensein vielgestaltiger Gewerbebetriebe gekennzeichnet und obendrein das Teileigentum durch einen separaten Eingang erreichbar ist. Vorliegend wurden Behandlungsverträge für die Dauer eines Vierteljahres mit einer bestimmten Maximalzahl von Drogenabhängigen geschlossen, wobei sich die Personen zwischen 10 und 11 Uhr in der Abgabenstelle einzufinden und bis 18 Uhr dort aufzuhalten haben; betreut werden sie von einem Arzt, einer Arzthelferin, einem Sozialarbeiter und einem Psychologen; aus der Behandlungsgruppe ausgeschlossen werden sie, wenn ihnen ein dauerhafter Konsum von anderen Drogen nachgewiesen werden sollte. Für die Befürchtung, dass eine solche Abgabenstelle einen besonderen Anziehungspunkt für Drogensüchtige, auch aus dem Milieu des Straßenstrichs und der Obdachlosen bilden könnte, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten; dagegen spricht auch die vorgesehene Art der Aufnahme von Behandlungsbedürftigen, d.h. keine Laufkundschaft, ihre beschränkte Anzahl, die Langfristigkeit der Behandlung und der im ganzen kontrollierte Betrieb. Auch die nähere Umgebung des Hauses ist durch das Vorhandensein vielgestaltiger Gewerbebetriebe in der Nähe des Bahnhofs gekennzeichnet. Gewisse Unannehmlichkeiten sind hier im innerstädtischen Bereich hinzunehmen (vgl. auch KG, NZM 99, 425 zu einem Drogencafé als „Ladenwohnung“).

Mit freundlichen Grüßen

 

Rüdiger Fritsch
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Web: www.krall-kalkum.de