Schönheitsreparaturen – starrer Fristenplan nicht möglich – BGH Urteil vom 13.7.2005

Die in einem Wohnraummietvertrag enthaltene Klausel, nach der Schönheitsreparaturen "in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen … spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten … spätestens nach sieben Jahren" durchzuführen sind, enthält keinen starren Fristenplan; sie ist deshalb nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

VIII ZR 351/04

Verkündet am:
13. Juli 2005

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11. November 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 8. April 2004 in Höhe von 2.581,35 ¤ nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Schönheitsreparaturen nach Beendigung eines Mietverhältnisses.

Mit Vertrag vom 30. August 1998 hatten die Beklagten vom Kläger eine Wohnung in dem Anwesen C. straße in D. gemietet. Das Mietverhältnis begann am 1. September 1998 und endete nach vorausgegangener Kündigung der Beklagten am 31. August 2002.

Über die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume enthält der Mietvertrag in § 8 Nr. 2 unter anderem folgende vorgedruckte Klausel:

"Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen … auszuführen bzw. ausführen zu lassen…

Diese Arbeiten sind ab Mietbeginn in der Regel in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen… spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten… spätestens nach sieben Jahren zu tätigen."

Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten bei ihrem Auszug die erforderlichen Schönheitsreparaturen – trotz Setzung einer Nachfrist – nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Er habe deshalb die Arbeiten durch eine Firma ausführen lassen und hierfür 4.199,36 ¤ bezahlt. Diesen Betrag hat der Kläger in der ersten Instanz begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und des weiteren geltend gemacht, wegen der verzögerten Renovierung habe er die Wohnung erst ab dem 1. Oktober 2002 wieder vermieten können, weshalb ihm für den Monat September 2002 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 587,99 ¤ zustehe. Nach Abzug der von den Beklagten geleisteten Kaution von 1.457,18 ¤ hat er nunmehr einen Betrag von 3.330,17 ¤ gefordert.

Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren noch in Höhe von 2.581,35 ¤ weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gegen die Beklagten nicht zu. Die Klausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages sei unwirksam, weil sie wegen der Formulierung "spätestens nach drei (bzw. fünf oder sieben) Jahren" aus der Sicht eines verständigen Mieters eine Renovierung allein wegen des Fristablaufs vorschreibe, und zwar auch dann, wenn ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht bestehe. Es handele sich daher um eine starre Fälligkeitsregelung, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstelle und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam sei. Hieran ändere auch der Zusatz "in der Regel" nichts, weil er nicht hinreichend deutlich erkennen lasse, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter den Nachweis erbringen könne, daß die Räume noch nicht renovierungsbedürftig seien und er daher die Fristen nicht einhalten müsse.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht, sofern auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, auf Grund der Regelung über die Schönheitsreparaturen in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages vom 30. August 1998 ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu. Die Klausel ist nicht wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält sie keinen starren Fristenplan.

1. Die Auslegung der Klausel unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Der Senat geht davon aus, daß Mietvertragsklauseln, die der hier zu beurteilenden Regelung entsprechen, auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet werden (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2004 – VIII ZR 77/03, NJW 2004, 3042 = WuM 2004, 466 unter II 2 a aa).

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (st. Rspr., z.B. Senatsurteil vom 26. Mai 2004 aaO unter II 2 a bb). Hiervon ist zutreffend auch das Berufungsgericht ausgegangen; seiner Auffassung, aus der Sicht eines verständigen Mieters könne die Formulierung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages nur die Bedeutung haben, daß er die verschiedenen Räume der Wohnung entsprechend der näheren Bezeichnung dieser Räumlichkeiten spätestens nach drei (oder fünf oder sieben) Jahren zu renovieren habe (so auch OLG Düsseldorf, WuM 2004, 603 = NZM 2004, 866), kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn sie läßt außer acht, daß auch der durchschnittliche Mieter gehalten und in der Lage ist, die Klausel im Zusammenhang zu lesen und daraus ihren Sinn zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2004 – VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 = WuM 2004, 333 unter III a). Im Zusammenhang gelesen, sagt die Klausel jedoch mit hinreichender Klarheit und Verständlichkeit aus, daß "in der Regel", das heißt bei normaler Abnutzung der Räume, die Schönheitsreparaturen in den genannten Zeitabständen vorzunehmen sind. Insoweit unterscheidet sich die Klausel inhaltlich nicht von ähnlichen Formulierungen, wie sie sich z.B. im Mustermietvertrag 1976 des Bundesjustizministeriums finden; die dort verwendeten Worte "im allgemeinen" lassen für die Beurteilung des Einzelfalls genügend Raum, um eine Anpassung der tatsächlichen Renovierungsintervalle an das objektiv Erforderliche zu ermöglichen. Soweit dadurch ein gewisser Auslegungsspielraum eröffnet wird, ist dies mit Rücksicht auf die von den Lebensgewohnheiten eines Mieters abhängige Abnutzung einer Wohnung und die Schwierigkeiten einer genaueren, aber noch hinreichend flexiblen Formulierung sachgerecht und hinnehmbar (Senatsurteil vom 28. April 2004 aaO m.w.Nachw.). Dem Wort "spätestens" kommt hierbei – für den verständigen Mieter unschwer erkennbar – lediglich die Bedeutung einer Betonung der genannten Fristen zu; es beseitigt jedoch weder die Aussagekraft der vorangestellten Wendung "in der Regel", noch beeinträchtigt es sie im Sinne einer – vom Berufungsgericht angenommenen – Intransparenz. Daß der durchschnittliche Mieter auf Grund dieser Formulierung nicht zu erkennen vermag, "ob und unter welchen Voraussetzungen (er) den Nachweis erbringen kann, daß die Räume noch nicht renovierungsbedürftig sind", ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu befürchten. Die Möglichkeit, daß die Klausel von den – nur für den Regelfall vorgesehenen – Fristen Ausnahmen zuläßt und daß der Mieter bei einem geringeren Grad der Abnutzung der Wohnung eine längere Renovierungsfrist in Anspruch nehmen kann, liegt für jeden verständigen Mieter auf der Hand. Von einem "starren" Fristenplan, der nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil vom 23. Juni 2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 = WuM 2004, 463) zur Unwirksamkeit einer Schönheitsreparaturenklausel insgesamt führt, kann daher keine Rede sein. Deshalb wäre auch im Falle einer revisionsrechtlich nur beschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung der Klausel ein davon abweichendes tatrichterliches Verständnis nicht haltbar.

III.

Das Berufungsurteil kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist deshalb aufzuheben, soweit die Berufung gegen das klagabweisende Urteil in Höhe von 2.581,35 ¤ nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist. Die Sache ist jedoch nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen zu den übrigen Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches getroffen hat. Zur Nachholung dieser Feststellungen und zur neuen Entscheidung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).