Unwirksame Jahresabrechnung

Ein Beschluss über die Genehmigung einer Jahresabrechnung ist auf einen Anfechtungsantrag hin für unwirksam zu erklären, wenn zuvor keine Möglichkeit bestand, in zumutbarer und ausreichender Weise auch in alle Einzelabrechnungen der anderen Wohnungseigentümer Einsicht zu nehmen. Entspricht eine von dem Verwalter erstellte Jahresabrechnung einer jahrelang unbeanstandet hingenommenen fehlerhaften Praxis seines Vorgängers, rechtfertigt eine „Fortschreibung“ dieser Übung keine Belastung des Verwalters mit den Kosten des gerichtlichen Verfahrens.

OLG Köln, Beschluss vom 24.8.2005, Aktenzeichen 16 Wx 80/05.

Allein der Umstand, dass wesentliche Teile einer Jahresabrechnung fehlen, führt nicht dazu, dass der Eigentümerbeschluss hierüber für ungültig zu erklären wäre. Vielmehr haben die Eigentümer lediglich einen Anspruch auf Ergänzung der Jahresabrechnung. Dennoch kann die Abrechnung für unwirksam zu erklären sein, wenn Wohnungseigentümer keine ausreichende Gelegenheit hatten, vor der maßgeblichen Wohnungseigentümerversammlung Einzelabrechnungen zu überprüfen. Zur ordnungsgemäßen Abrechnung einer Wohnungseigentumsanlage zählen nicht nur eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben, sondern auch die Aufteilung der Ergebnisse der Gesamtabrechnung auf die einzelnen Eigentümer. Jeder stimmberechtigte Eigentümer muss daher die Chance haben, zu kontrollieren, ob in den Einzelabrechnungen (Saldenlisten) der anderen Wohnungseigentümer zu hohe Guthaben oder zu niedrige Nachzahlungen zu Lasten der Gemeinschaft und damit mittelbar zum eigenen Nachteil eingesetzt sind. Da derartige Fehler nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses über die Jahresabrechnung nicht mehr zu beheben sind, ist den Eigentümern zeitlich vor der Beschlussfassung in zumutbarer Weise die Möglichkeit zu geben, den Beschlussgegenstand zu prüfen. Hierfür ist ein effektiver Weg sicherzustellen, bei dem einem Verwalter ein Gestaltungsspielraum zusteht. So kann er den einzelnen Eigentümern zusammen mit der Gesamtabrechnung alle Einzelabrechnungen vorab zukommen lassen. Mindestvoraussetzung ist jedoch, dass vor (und auch während) der Eigentümerversammlung den Eigentümern uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit gegeben wird, die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen.

Autor: Johannes Steger – http://www.breiholdt.de/