Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für den Beirat – beschlussweise Einführung umstritten

Die Zulässigkeit einer beschlussweisen Einführung einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für den Beirat bleibt weiter umstritten.

Das Kammergericht 324a hat entschieden, dass eine Eigentümerversammlung beschließen kann, auf Kosten der Gemeinschaft eine solche Versicherung einzugehen. Die Gemeinschaft habe "als nähere Ausgestaltung des Beiratsvertrags" hierfür die erforderliche Beschlusskompetenz. Die Risikovorsorge entspreche regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung. Im Interesse der Gemeinschaft liege eine zügige und effektive Erfüllung der Beiratsaufgaben und die Gewinnung geeigneter Beiratsmitglieder, die sich nicht durch Haftungsrisiken abschrecken ließen. Ordnungsgemäß im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG sei alles, "was dem geordneten Zusammenleben in der Gemeinschaft dient, was den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht und der Gemeinschaft nützt". Der Abschluss der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung sei "schon allein deswegen nützlich", weil die Gemeinschaft die Gewissheit habe, dass eine solvente Versicherung für die Schadensregulierung zur Verfügung stehe.

Ich halte die Entscheidung des KG für falsch. Eine "Risikovorsorge" zu treffen, entspricht sicherlich ordnungsmäßiger Verwaltung; Risikovorsorge heißt aber, für die Absicherung des eigenen Risikos zu sorgen und nicht für fremde Risiken. Bei fehlerhaftem Handeln des Beirats handelt es sich aber nicht um das eigene Risiko der Gemeinschaft, sondern um das privatrechtliche und für die Gemeinschaft fremde Risiko des Beirats(mitglieds). Geeignete Beiratsmitglieder sind solche, die ihre (von Gesetzes wegen nicht gerade umfassenden und auch nicht haftungsrelevanten) Aufgaben ernst nehmen und nicht darauf vertrauen, es werde "schon gut gehen", und wenn es nicht "gutgeht", trete schon der Versicherer ein. Geeignete und qualifizierte Beiräte werden sich nicht von einem Nichtvorhandensein einer Versicherung abschrecken lassen. Sie werden allerdings auch nicht Aufgaben übernehmen, die über ihren Pflichtenkreis nach dem Gesetz hinausgehen, denn erst dort bestehen die Risiken, wie auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf 324b gezeigt hat. Eine Tätigkeit über den gesetzlichen Pflichtenkreis hinaus halte ich regelmäßig auch nicht für geboten, handelt es sich doch meist um Aufgaben, die eigentlich der Verwalter oder ein anderer Sonderfachmann zu erledigen hätte. Ob für diesen weitergehenden Bereich die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung eintritt, hängt auch noch von den vertraglichen Regelungen mit dem Versicherer ab. Hierzu fehlt in der Entscheidung des KG jede Äußerung.

Sicher "nützt" der Gemeinschaft, wenn ein solventer Versicherer zahlen würde. Entspricht es aber dem Interesse der Gesamtgemeinschaft oder nützt es ihr, wenn sie die Schadensersatzansprüche erst einmal gerichtlich gegen den Beirat, der dann von dem solventen Versicherer finanziell auch hinsichtlich der Prozesskosten abgesichert ist, geltend machen muss? Meine Erfahrung mit Haftpflicht-Versicherern ist, gleichgültig ob ich auf Seiten des Versichers gestanden habe oder ihm als (mittelbarer) Gegner gegenüberstand, dass fast immer Weisung erging, die Frage der Schadensersatzverpflichtung mindestens in einer gerichtlichen Instanz zu klären. Über die Fragen der Zuständigkeit des Beirats für die Erfüllung bestimmter Aufgaben, über die Verletzung dieser Aufgaben, das Verschulden (und Mitverschulden der Gemeinschaft), den Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden usw. kann man trefflich streiten – und die Versicherer sehen auch keine Veranlassung, diesen Streit zu vermeiden. Erst einmal finanziert die Eigentümergemeinschaft also die gegnerische Verteidigung und kann erst nach durchaus kostenträchtigem Verfahren (nach heutigem Recht werden, auch bei Obsiegen, regelmäßig die Rechtsanwaltskosten in den WEG-Verfahren nicht erstattet) mit einer Zahlung rechnen. Mitunter sind die möglichen Kosten eines Rechtsstreits so hoch, dass man Eigentümergemeinschaften von einem Schadensersatzanspruch schon und nur deshalb abraten muss. Die Finanzierung eines Gegners, und das ist schließlich der Beirat bei einem eingetretenen Schadenfall, kann nach meiner Auffassung den Interessen der Gesamtgemeinschaft nicht entsprechen und ihr noch weniger nützen.

Quelle: Rechtsanwalt Köhler