Führung einer Beschlusssammlung von Volker Bielefeld

Neue WEG-Vorschrift: Seit 1. Juli ist eine „Beschluss-Sammlung“ zu führen
Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld, Düsseldorf

Ab 1. Juli 2007 ist gemäß § 24 Abs. 7 WEG neue Fassung (n.F.) die Führung einer gesonderten Beschluss-Sammlung vorgeschrieben. Für die Wohnungseigentümer bzw. für die Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaften bedeutet das, dass in allen Wohnungseigentümerversammlungen, die ab diesem Termin durchgeführt werden, die dort verkündeten Beschlüsse ohne Ausnahme in diese Sammlung aufzunehmen sind, darüber hinaus sämtliche schriftlichen Beschlüsse sowie alle gerichtlichen Entscheidungen.

Zweck der Beschluss-Sammlung
Die mit der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes erfolgte Erweiterung der Beschlusskompetenz räumt den Wohnungseigentümern die Möglichkeit ein, in bestimmten Fällen vom Gesetz oder von einer Vereinbarung abweichende Regelungen – anstelle der früher erforderlichen Vereinbarung – durch (nur) mehrheitliche Beschlussfassung zu treffen. Dies betrifft insbesondere abweichende Beschlüsse zur Kostenverteilung.

Da Beschlüsse der Wohnungseigentümer, anders als es für Vereinbarungen vorgeschrieben ist, nicht in das Grundbuch eingetragen werden, war es erforderlich, zur Rechtssicherheit eine Form der Dokumentation zu regeln, die es insbesondere den Kaufinteressenten und Erwerbern von Eigentumswohnungen, aber auch den Wohnungseigentümern selbst und dem Verwalter ermöglicht, sich jederzeit in „übersichtlicher Form Kenntnis von der aktuellen Beschlusslage der Gemeinschaft und den damit zusammenhängenden gerichtlichen Entscheidungen“ zu verschaffen.

Inhalt der Beschluss-Sammlung
Die Beschluss-Sammlung enthält gemäß § 24 Abs. 7 Satz 2 WEG n.F. nur den Wortlaut

1. der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung,
2. der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und
3. der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien.

1. Versammlungsbeschlüsse

Zu dokumentieren ist nach der gesetzlichen Regelung nur der Wortlaut der in der Versammlung verkündeten Beschlüsse.

Die Erfassung des Wortlautes ist erforderlich, um die erforderliche Information über den Gegenstand bzw. den Inhalt des Beschlusses zu gewährleisten. Deshalb reicht die Angabe „Tagesordnungspunkt (TOP … )“ ebenso wenig aus wie eine nur stichwortartige Angabe zum Beispiel „Tierhaltung“.

Zu dokumentieren ist der Wortlaut des verkündeten Beschlusses. Zur Wirksamkeit eines Beschlusses ist es erforderlich, dass der Versammlungsleiter, in der Regel der Verwalter, das Beschlussergebnis feststellt und bekannt gibt (BGH, 23.8.2001, V ZB 10/01), und zwar hergeleitet aus dem Abstimmungsergebnis als Verhältnis der JA-Stimmen zu den NEIN-Stimmen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Enthaltungen.

Das bedeutet, dass die Verkündung im Sinne der gesetzlichen Regelung nach § 24 Abs. 7 WEG n.F. nicht nur die Feststellung des Beschlussergebnisses als „Annahme“ oder „Ablehnung“ beinhaltet, sondern auch das durch das Abstimmungsergebnis ermittelte Verhältnis der JA-Stimmen zu den NEIN-Stimmen, unter Angabe auch der Enthaltungen.

Soweit die Auffassung vertreten wird, dass das Abstimmungsergebnis nicht angegeben zu werden braucht, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

Da die „aktuelle Beschlusslage“ wiedergegeben werden soll, ist auch die Information erforderlich, ob eine Anfechtung wegen gesetzes- oder vereinbarungswidriger Beschlussfassung möglich und erfolgreich sein würde.

Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein nach dem Gesetz gemäß § 16 Abs. 4 WEG n.F. oder der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung erforderliches (doppeltes) Quorum bei der Abstimmung nicht erreicht wurde. Diese Feststellung ergibt sich nicht zwangsläufig aus dem Wortlaut des Beschlusses selbst oder der Feststellung durch Angabe „Beschlussannahme“ oder Beschlussablehnung“. Auch kann eine möglicherweise fehlerhafte oder sogar manipulierte Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter ohne Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses nicht kontrolliert bzw. überprüft werden.

Deshalb sind grundsätzlich zur Ermittlung eines eventuell vorgeschriebenen Quorums im „Kopf“ der Beschluss-Sammlung auch die für die jeweilige Gemeinschaft geltenden

– Stimmrechtsregelungen (Kopfprinzip oder Wertprinzip oder Objektprinzip)
sowie die
– aktuellen Stimmverhältnisse (Kopfprinzip = Anzahl der Eigentümer; Wertprinzip = Miteigentumsanteile in Tausendstel Anteilen bzw. entsprechenden Bruchteilen; Objektprinzip = Anzahl der Wohnungs-/Teileigentumseinheiten)

anzugeben.

Das Argument, diese Angaben seien in der Beschluss-Sammlung überflüssig, weil sie aus der Beschlussniederschrift, die auch weiterhin erforderlich ist, ersichtlich sind, geht allein deshalb fehl, weil keine zeitliche Kongruenz zwischen Niederschrift und Sammlung besteht. Die Niederschrift, die die aktuelle Beschlusslage wiedergeben soll, ist „unverzüglich“ anzulegen, während die Beschlussniederschrift nach herrschender Meinung spätestens drei Wochen nach Beschlussfassung in der Versammlung anzufertigen ist. Wer sich also aktuell auch über die Anfechtbarkeit informieren will, kann dies nur unter den genannten Voraussetzungen tun.

Im Übrigen bleibt zu berücksichtigen, dass auch bei – aus welchen Gründen auch immer – unterlassener „Verkündung“ des Beschlusses diese Tatsache nicht dazu führt, dass deshalb auch kein Beschluss rechtswirksam gefasst wurde. Vielmehr kann auch ohne Beschlussverkündung durch den Versammlungsleiter konkludent aus dem in jedem Fall in der Niederschrift festgehaltenen Abstimmungsergebnis auf die Rechtswirksamkeit eines in der Versammlung gefassten Beschlusses geschlossen werden.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung wäre also nach der gesetzlichen Regelung „Wortlaut des verkündeten Beschlusses“ wegen fehlender Verkündung kein Beschluss in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Somit bestünde ein Widerspruch zur Beschluss-Sammlung, wenn man den „Wortlaut des verkündeten Beschlusses“ auf die reine inhaltliche Wiedergabe des Wortlautes beschränken und auf die Wiedergabe des Abstimmungsergebnisses und des daraus hergeleiteten Beschlussergebnisses verzichten würde.

Folglich ist die gesetzliche Formulierung „Wortlaut des verkündeten Beschlusses“ dahingehend auszulegen, dass neben dem Wortlaut als Beschlussinhalt das Abstimmungsergebnis und das aus ihm abgeleitete Beschlussergebnis in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen ist.

Im Übrigen sind nach dem Gesetzeswortlaut in die Beschluss-Sammlung Angaben zum Ort der Versammlung und das Beschluss-Datum aufzunehmen.

Zu den Beschlüssen, die in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen sind, zählen nicht nur die vom Versammlungsleiter als „angenommen“ verkündeten (positiven) Beschlüsse, sondern auch die als „abgelehnt“ verkündeten Beschluss-Anträge, die so genannten „Negativ-Beschlüsse“.

Negativ-Beschlüsse sind anfechtbar und können in Verbindung mit entsprechenden Feststellungsanträgen dazu führen, dass der zugrunde liegende Beschluss-Antrag nach erfolgter Anfechtung im Ergebnis als „Urteil“ an die Stelle der ursprünglichen durch Abstimmung abgelehnten Beschlussfassung tritt und diese „ersetzt“.

Nicht aufzunehmen sind abgelehnte Beschluss-Anträge. Das Gleiche gilt für Beschlüsse zur „Geschäftsordnung“, es sei denn, dass Geschäftsordnungsanträge wie beispielsweise Stimmrechtsausschlüsse wegen vermeintlich fehlender Stimmrechts- bzw. Vertretungsvollmacht zur Beschlussanfechtung berechtigen könnten.

2. Schriftliche Beschlüsse
Ebenso wie die Versammlungsbeschlüsse sind auch die schriftlichen Beschlüsse mit ihrem Wortlaut in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Die Aufnahme kann allerdings erst dann erfolgen, wenn alle Wohnungseigentümer zugestimmt und der Verwalter sie durch Aushang in der Wohnungseigentumsanlage oder durch Rundschreiben bekannt gegeben hat.

Diese Bekanntmachung entspricht der „Verkündung“ im Sinne der gesetzlichen Bestimmung.

Strittig kann allerdings sein, ob die Bekanntgabe von Beschlüssen, die sich auch gegen einzelne Wohnungseigentümer richten können, durch Aushang in der Wohnungseigentumsanlage unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zulässig ist.

3. Urteile in einem Rechtsstreit nach § 43 WEG
Urteile sind mit dem Wortlaut ihrer Urteilsformel, also dem so genannten Tenor in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Eine Wiedergabe der Entscheidungsgründe ist – auch auszugsweise – nicht erforderlich. Neben der Urteilsformel sind anzugeben das Gericht, das Datum und das Aktenzeichen des Urteils sowie die Parteien.

Kommt es zu einem vom ursprünglichen Beschluss abweichenden Vergleich, ist auch dieser als Beschluss in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Dabei bleibt allerdings zu berücksichtigen, dass ein Vergleich nur unter den Beteiligten Rechtswirkung entfaltet. Soll also ein Vergleich in die Zukunft und damit auch gegen Sondernachfolger, also gegenüber später neu eintretenden Wohnungseigentümern wirken, muss der Vergleich inhaltlich in einen Beschluss übernommen werden, der dann in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen ist.

Nicht aufzunehmen sind die Mahnbescheide (§ 43 Nr. 6 WEG n.F.). Kommt es allerdings wegen Widerspruchs zu einem Rechtsstreit nach § 43 Nr. 2 WEG n.F., ist das entsprechende Urteil in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Ebenfalls nicht aufzunehmen sind Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 Nr. 5 WEG n.F. sofern es sich um Klagen Dritter gegen einen Wohnungseigentümer handelt und sich der Rechtsstreit auf das Sondereigentum bezieht.

Fortlaufende Eintragung
Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind historisch „fortlaufend“, und zwar „unverzüglich“ einzutragen. Das heißt, dass alle Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen fortlaufend einzutragen und zu nummerieren sind, wobei die Eintragung unverzüglich, das heißt „unmittelbar im Anschluss an die Verkündung“, also nicht erst „mehrere Tage später“ vorzunehmen ist. Die fortlaufende Nummerierung dient dem Nachweis der Vollständigkeit der Beschluss-Sammlung.

Ob die Entscheidungen und Beschlüsse allein nach dem Datum oder auch nach anderen Sachgebieten oder Stichworten (zusätzlich) geordnet werden, ist demjenigen überlassen, der die Beschluss-Sammlung zu führen hat, also im Regelfall dem Verwalter. Eine entsprechende Regelung sollte sinnvollerweise im Verwaltungsvertrag getroffen werden.
Anmerkungen zu den Beschlüssen und gerichtlichen Entscheidungen

Werden Beschlüsse oder gerichtliche Entscheidungen angefochten oder aufgehoben, so ist dies jeweils durch eine Anmerkung unter dem unter der jeweiligen Nummer erfassten Beschluss zu dokumentieren. Das bedeutet, dass im Falle einer Beschlussanfechtung bei dem jeweiligen Beschluss anzumerken ist, dass er angefochten wurde, wann und durch wen die Anfechtung erfolgte. Gegebenenfalls ist auch das Aktenzeichen anzugeben.

Wird ein Beschluss durch einen neuen Beschluss oder nach Anfechtung durch entsprechendes Urteil bestätigt, geändert oder aufgehoben, ist dies zunächst durch Aufnahme des neuen Beschlusses oder der gerichtlichen Entscheidung mit entsprechender neuer Nummer zu dokumentieren und bei den in gleicher Sache vorangegangenen Beschlüssen oder gerichtlichen Entscheidungen entsprechend mit den erforderlichen Anmerkungen mit Hinweis auf die Nummer des neuen Beschlusses nachzuweisen.

Werden Beschlüsse oder gerichtliche Entscheidungen aufgehoben, kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden, und zwar durch Streichung oder Entfernung des Textes.

Eine Löschung kann auch dann erfolgen, wenn ein Beschluss keine Bedeutung mehr hat, beispielsweise durch Zeitablauf überholt ist oder aus einem anderen Grunde keine Rechtswirkung mehr entfaltet. Die Löschung betrifft aber nur den Text der Eintragung und ist mit einem Löschungsvermerk unter Datumsangabe und Unterschrift zu versehen. Die laufende Nummerierung der Eintragung darf zwecks Erhaltung des Vollständigkeitsnachweises nicht gelöscht werden.

Die Anmerkungen sind aus der Sache heraus erforderlich, da nur so die „Aktualität“ der Beschluss-Sammlung gewährleistet ist. Hierin liegt auch der entscheidende Unterschied zu der nach § 24 Abs. 6 WEG auch weiterhin erforderlichen Beschlussniederschrift. Die darin erfassten Beschlüsse geben ausschließlich den „status quo“ wieder, also den Inhalt der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.

Ob diese Beschlüsse angefochten, für ungültig erklärt oder auch durch spätere neue Beschlüsse aufgehoben wurde, ist aus der „Niederschrift über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse“ nicht ersichtlich. Damit fehlt es an der für die Beschluss-Sammlung erforderlichen Wiedergabe der „aktuellen Beschlusslage“.
Form der Beschluss-Sammlung
Die Beschluss-Sammlung kann in herkömmlicher schriftlicher Papierform (siehe dazu den abgebildeten Mustervorschlag) oder auch in elektronischer Form geführt werden. Bei einer elektronisch geführten Beschluss-Sammlung muss jedoch gewährleistet sei, dass sie von Wohnungseigentümern oder von Bevollmächtigten eines Wohnungseigentümers ungehindert eingesehen oder entsprechende Kopien von Ausdrucken – gegen entsprechende Kostenerstattung – ausgehändigt werden können.

Führung der Beschluss-Sammlung als ordnungsmäßige Verwaltungsaufgabe
Die Führung der Beschluss-Sammlung obliegt dem Verwalter als Aufgabe ordnungsmäßiger Verwaltung. Die nicht ordnungsmäßige Führung der Beschluss-Sammlung stellt regelmäßig einen wichtigen Grund zur sofortigen Abberufung dar.

Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung oder ein von den Wohnungseigentümern durch mehrheitliche Beschlussfassung beauftragter Miteigentümer zur Führung der Beschluss-Sammlung verpflichtet.

Volker Bielefeld ist Diplom-Volkswirt und Vorsitzender des Josef-Humar-Instituts.