Schäden am Sondereigentum: Was kann der Wohnungseigentümer tun?

 

 

 

 

Eine wohnungseigentumsrechtliche Standartsituation beschreibt folgenden Fall:

Der Wohnungseigentümer von Sondereigentum behauptet, dass sich das Gemeinschaftseigentum in einem Zustand befindet, der zu Schäden in seinem Sondereigentumsbereich führt. Der Wohnungseigentümer verlangt daher regelmäßig von der Verwaltung, die Schadensquelle auf Kosten aller Wohnungseigentümer zu beseitigen. Die übrigen Wohnungseigentümer wollen sich jedoch regelmäßig nicht an den Kosten beteiligen. Sie begründen ihre Ablehnung an der Kostentragung damit, dass es sich ausschließlich um ein Problem handelt, das nur den betroffenen Wohnungseigentümer etwas angehe.

Beispielsfall: In einer Eigentumswohnung, die in einem 50 Jahre alten Gebäude gelegen ist, bildet sich Schimmel an den Außen-wänden. Eine mögliche Fehlerquelle wäre eine für heutige Verhältnisse zu geringe Außendämmung, die jedoch im Errichtungsjahr den bauordnungsrechtlichen Anforderungen entsprach. Der Wohnungseigentümer verlangt von der Wohnungseigentümer-gemeinschaft, die Außendämmung auf Kosten aller Wohnungseigentümer auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Der Verwalter lehnt das Verlangen des Wohnungseigentümer mit der Begründung ab, die Schadensursache liegt in der maroden Innendämmung, für die der Wohnungseigentümer selbst verantwortlich ist. Für den Wohnungseigentümer ergibt sich nunmehr folgende Vorgehensweise:

1. Es ist zunächst zweifelsfrei zu klären, ob die im Sondereigentumsbereich auftretenden Schäden durch den Zustand bzw. Schäden des Gemeinschaftseigentums verursacht wurden. Hierbei ist genau zu prüfen, ob die Außendämmung zum Gemeinschafteigentum gehört (§ 1 Abs. 5 WEG). Die Einschaltung eines Gutachters lässt sich bei der Ursachenfindung meist nicht verhindern. Hier kann unter Umständen auch eine gerichtliche Klärung im Wege des selbständigen Beweisverfahrens in Betracht kommen.

2. Stellt sichheraus, dass es sich um Teile des Gemeinschaftseigentums handelt, obliegt die Instandhaltung den Wohnungs-eigentümern. Denn die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt den Wohnungseigentümern nach den Vorschriften der §§ 21 bis 25 WEG, wozu insbesondere Instandhaltungs- und/oder Instandsetzungsarbeiten betreffend das Gemeinschaftseigentum gehören (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Dabei muss die Verwaltung ordnungsgemäß sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Instand-haltungs- und/oder Instandsetzungsmaßnahme – im Beispielsfall: die ordnungsgemäße Wiederherstellung der Außendämmung – im Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt. Das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft kann bejaht werden, wenn der Zustand der Außendämmung auch zu Schäden an anderen Sondereigentumseinheiten führen kann.

3. Jeder Wohnungseigentümer kann von den anderen Wohnungseigentümer die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftsei-gentums verlangen. Ihm steht gemäß § 21 Abs. 4 WEG ein Anspruch darauf zu. Das bedeutet, dass die anderen Wohnungseigen-tümer verpflichtet sind, an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken (BGH ZMR 1999, 647).

4. Zeigen die übrigen Wohnungseigentümer an, dass kein (positiver) Beschluss auf Durchführung der vom betroffenen Wohnungs-eigentümer begehrten Maßnahme zustande kommt oder wurde ein Beschlussantrag bereits in der Eigentümerversammlung abge-lehnt (so ge-nannter Negativbe-schluss), ist der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung im gerichtlichen Verfahren durchzusetzen, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Liegt noch kein (Negativ-)Beschluss vor, muss der Wohnungseigentümer vor der Anrufung des Gerichts ver-suchen, eine Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung zu erwirken.

Ausnahme: Eine Maßnahme ist so dringend, dass die Eigentüme-rversammlung nicht mehr rechtzeitig einberufen werden kann. Wann diese Voraus-setzungen vorliegen, ist im Einzelfall zu klären.

5. Kommt das Gericht zur Entscheidung, dass die begehrte Instandhaltungs- und/oder Instandhaltungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, verpflichtet das Gericht die übrigen Wohnungseigentümer, der begehrten Maßnahme zuzustimmen. Der (rechts-kräftige) Gerichtsbeschluss ersetzt gleichzeitig die Zustimmung der Wohnungseigentümer, so dass nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens keine neue Eigentümerversammlung zur begehrten Maßnahme durchgeführt werden muss.

6. Der Verwalter ist nunmehr verpflichtet, den (rechtskräftigen) Beschluss auszuführen, § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG.

Sollte der Verwalter trotz gesetzlicher Verpflichtung den Beschluss auch weiterhin nicht ausführen, kann seine Handlung wiederum mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt werden.

Praxishinweis: Es kommt bei der Frage, wer für die Instandhaltung der maroden Gebäudeteile zuständig ist und wer für die Kosten aufkommen muss, immer primär auf die Regelungen in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung an. Aber auch wenn eine Regelung vorhanden ist, kann es dann Probleme geben, wenn ausschließlich zum Gemeinschaftseigentum gehörende Gebäudeteile zu Sondereigentum erklärt werden, was gegen das Gesetz verstößt und somit unwirksam ist. Lassen Sie daher bei oben gelagerten Fällen die Regelungen der Teilungserklärung prüfen.

 

 

 

 

Autor:

Peter Hesse, Rechtsanwalt Potsdam

 

 

 

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