Versicherungen im Wohnungseigentum – Zuständigkeiten bei Schadensabwicklungen:

Die Versicherungen können mit dieser anonymen und nicht rechtsfähigen Zufallsgemeinschaft der Wohnungseigentümer nichts anfangen. So interessiert es sie bei der Schadensabwicklung auch nicht, ob es sich um Gemeinschafts- oder um Sondereigentum handelt, denn sie versichern das gesamte Gebäude. Eine Schadensabwicklung mit den einzelnen Sondereigentümern würde für die Versicherung personell unübersehbar aufwendig und teuer.

Die sonst so formaljuristisch handelnden Rechtsabteilungen der Versicherungen haben dieses Problem längst erkannt, schweigen aber, solange sie den Verwalter für die Mehrarbeit der Schadensabwicklung im Sondereigentum in Anspruch nehmen können.

Der Verwalter, der sich unwissend darauf einlässt, bekommt irgendwann Arger, wenn er für einzelne Miteigentümer bei der Schadensabwicklung im Sondereigentum — unter Einsatz von gemeinschaftlichen Geldern — tätig wird. Bezahlt er die von ihm bestellten Handwerker aus dem Konto der Gemeinschaft, verstößt er gegen die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes. Dort steht ausdrücklich:

Nach § 14 Abs. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, „die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile (so) instand zu halten…„

Nach § 27 Abs. 1 Ziffer 2 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet,

„die für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Maßnahmen zu treffen„ und nach Ziffer 4

„gemeinschaftliche Gelder zu verwalten „.

Daraus ist klar ersichtlich, dass es dem Verwalter nicht gestattet ist, gemeinschaftliche Gelder für Instandsetzungsmaßnahmen im Sondereigentum — selbst vorübergehend bis zur Erstattung durch die Versicherung – einzusetzen.

Wie sieht es in der Praxis aus, wie ist die Rechtslage?

a)    Praxis:

Z. B. bei einem Durchfeuchtungsschaden im Sondereigentum

— wird zuerst der Verwalter von den Bewohnern informiert. Er fährt – wenn notwendig – in die Wohnanlage und sucht die Schadensursache;

—  er bestellt die benötigten Handwerker;

—  meldet auf unterschiedlichsten Formularen den Schaden an den Versicherer;

—  legt eine gesonderte Schadensakte an;

—  zahlt als Besteller erst einmal die Handwerkerrechnungen aus dem Konto der Gemeinschaft;

—  organisiert im Haus mit allen betroffenen Parteien tagsüber einen Besichtigungstermin in der jeweiligen Wohnung für den Sachverständigen der Versicherung;

—  beschafft nicht mehr zu bekommende Badezimmer-Fliesen irgendwo in Deutschland;

—  verbucht die verauslagten Beträge aus den Handwerkerrechnungen;

—  schickt die Handwerkerrechnungen mit der Bitte um Erstattung an die Versicherung;

—  ergänzt die nachgemeldete Schadensnummer in den Akten:

—  mahnt die Versicherung. weil das Geld nicht kommt oder nur unerklärbare Teilbeträge

—  hört nach weiteren Mahnungen, dass nicht versicherte Armaturen, Heizkörper oder Mehranstriche vom Rechnungsbetrag abgezogen wurden;

—  schreibt dies dem Sondereigentümer mit der Bitte um Erstattung;

—  erhält vom Wohnungseigentümer verärgernde Antworten mit dem Verlangen, die angeforderte dubiose Kostendifferenz unverzüglich schriftlich zu erklären, usw.

Und der gesamte Aufwand für einen Schaden im Sondereigentum, wo der Verwalter überhaupt nichts zu suchen hat; denn in diesem Fall ist der Wohnungseigentümer selbst zur Instandhaltung verpflichtet und als Miteigentümer selbst der Versicherungsnehmer für sein Sondereigentum in dieser „Gruppenversicherung„.

Beachte: der Verwalter ist nur für die Instandsetzung von Schäden am Gemeinschaftseigentum zuständig und nur dafür bezahlen ihn die Wohnungseigentümer.
 

Abrechnung von Versicherungsschäden:

Ein Kommentar des WRS-Verlages –Stein „Wohnungseigentum

Entscheidung des OLG Düsseldorf bringt Probleme für die Praxis

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf* dürfen Versicherungsschäden nur noch dann aus dem Gemeinschaftsvermögen beglichen werden, wenn auch Gemeinschaftseigentum betroffen ist.

Die bisherige Praxis der Verwaltungen. die Kosten zunächst vollständig aus dem Gemeinschaftsvermögen zu bezahlen und dann mit den jeweiligen Sondereigentümern abzurechnen, wird damit für unzulässig erklärt.

In Zukunft wird man in der Weise verfahren müssen, dass die Schäden des Gemeinschaftseigentums durch einen Auftrag des Verwalters beseitigt werden und die dafür entstandenen Kosten aus dem Gemeinschaftsvermögen zu zahlen sind.

Die Schäden, die im Sondereigentum entstanden sind, sind nicht von der Aufgabenstellung des Verwalters umfasst und daher von den jeweiligen Sondereigentümern gesondert gegenüber den Handwerkern in Auftrag zu geben. Die Abrechnung dieser Schäden im Sondereigentum hat dann auch durch den jeweiligen Eigentümer mit der Versicherung zu erfolgen. Der Verwalter darf keinesfalls Leistungen für das Sondereigentum aus den Mitteln der Gemeinschaft erbringen.

Es ist sofort nachvollziehbar, dass dies in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen wird. Zum einen ist zunächst nicht zu erkennen, inwieweit sich ein Schaden im Gemeinschafts- oder Sondereigentum darstellt, so dass die Beauftragung des jeweiligen Handwerkers zunächst nur unter dem guten Glauben erfolgen kann, dass ein Schaden im Gemeinschaftseigentum gegeben ist.

Der Handwerker ist jedoch anzuweisen. dass er sobald er feststellt, dass ein Schaden im Sondereigentum vorliegt, seine Arbeiten einzustellen hat. Insofern ist der Handwerker aufzuklären, was dem Sonder- oder Gemeinschaftseigentum zuzurechnen ist. Für die Arbeiten im Sondereigentum muss dann gegenüber dem Handwerker ein jeweils gesonderter Auftrag durch den Sondereigentümer erfolgen. Der Verwalter darf einen solchen Auftrag nicht erteilen. Er darf auch für die entstehenden Kosten aus dem Gemeinschaftsvermögen keine Zahlungen leisten.

In der Praxis wird sich, dies ist abzusehen, zeigen, dass der einzelne Sondereigentümer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, mit der Versicherung entsprechend abzurechnen. Die Hilfe des Verwalters darf sich insoweit nur darauf beschränken, als er die entsprechende Versicherungsgesellschaft und die Schadennummer weitergibt. Jede andere Hilfestellung des Verwalters wäre als unerlaubte Rechtsberatung zu beurteilen und gegebenenfalls durch den Präsidenten des Landgerichtes mit entsprechenden Bußgeldern zu ahnden. Dem Verwalter kann daher von einer entsprechenden Hilfestellung nur abgeraten werden.

Sollte der Sondereigentümer zu einer alleinigen Bearbeitung nicht in der Lage sein, muss er sich gegebenenfalls rechtlicher Hilfe durch Rechtsanwälte gegen die entsprechenden Gebühren bedienen. Ob diese Vorgehensweise für den jeweiligen Sondereigentümer wünschenswert ist, ist zu bezweifeln, da diese Mehrkosten der anwaltlichen Beratung nicht durch die Versicherungsgesellschaft zu erstatten sind.

Als weiteres Problem ist absehbar, dass viele Sondereigentümer zur Vermeidung weiterer Kosten die entstandenen Schäden nicht reparieren lassen werden. Problematisch wird die Angelegenheit., wenn durch die Schäden im Sondereigentum nunmehr auch die Entstehung von Schäden im Gemeinschaftseigentum zu befürchten sind. Der Verwalter darf nunmehr nach der neuen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf die Schäden im Sondereigentum zur Vermeidung von Schäden im Gemeinschaftseigentum nicht beseitigen lassen. Der jeweilige Sondereigentümer müsste daher im Wege gerichtlicher Hilfe notfalls durch eine einstweilige Anordnung zur Durchführung der jeweiligen Reparaturen veranlasst werden. Was jedoch dann mit Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn eine entsprechende Zahlungsfähigkeit zur Beauftragung der Handwerker nicht gegeben ist.

Nach der nunmehr vorliegenden Rechtslage muss die Gemeinschaft es offensichtlich hinnehmen. dass Schäden am Gemeinschaftseigentum durch nicht durchgeführte Reparaturen im Sondereigentum entstehen. Eventuell verhält es sich sogar so. dass die Schadensbehebung im Gemeinschaftseigentum sich ~ überflüssig erweist, da die eigentliche Schadensursache im Sondereigentum liegt, diese jedoch nicht behoben wurde.

Im Hinblick auf diese nunmehr für die Praxis sicherlich bedauerliche Rechtslage kann nur geraten werden, durch entsprechende Organisationsbeschlüsse einen Ausgleich der Zahlungen der Schäden im Sondereigentum vornehmen zu dürfen. Jedoch ist anzumerken, dass diesbezügliche Beschlüsse anfechtbar sind, da sie die Gemeinschaftsordnung abändern. Wenn ein Wohnungseigentümer demnach mit einer solchen Vorgehensweise nicht einverstanden ist, wird sich die Gemeinschaft mit der unzureichenden tatsächlichen Lage abfinden müssen. Die zu erwartenden Mehrkosten, die durch eine solche Rechtslage entstehen, dürften groß sein.

(D)

 Ergänzender Hinweis des Herausgebers:

 Die Rechtsprechung stützt sich bei ihren Entscheidungen richtigerweise immer auf § 27 Abs. 1 Ziffer 4WEG. Danach ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet,

»Gemeinschaftliche Gelder zu verwalten.„

Er darf also keine Rechnungen für Instandhaltungsmaßnahmen im Sondereigentum bezahlen, auch wenn sie evtl. Von der Gebäudeversicherung erstattet werden.

Gibt der Verwalter Hilfestellung bei der Abwicklung von Versicherungsschäden, ist ihm dieser zusätzliche Mehraufwand zu bezahlen. Dies sollte ausdrücklich im Verwaltervertrag vereinbart werden 

Ein Kommentar des WRS-Verlages –Stein „Wohnungseigentum“

 

Urteile:

Wie werden Versicherungsschäden am Sondereigentum abgewickelt? Was muss der Verwalter gegenüber dem betroffenen Wohnungseigentümer tun?

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat im Leitsatz wie folgt entschieden:

Hat der Verwalter im Auftrag der Wohnungseigentümer und für deren Rechnung eine Leitungswasserversicherung abgeschlossen, die auch Schäden am Sondereigentum umfasst, hat bei Eintritt eines Schadens am Sondereigentum eines Wohnungseigentümers allein dieser für die Behebung und Begrenzung des Schadens zu sorgen.

Der Verwalter ist gegenüber dem betroffenen Wohnungseigentümer, wenn dessen Mieter von dem Schadensfall Kenntnis hat, nur verpflichtet, Notmaßnahmen zu ergreifen und den Versicherer zu unterrichten.

(BayObLG, Beschluss vom 3.4.1996, Az.: 2 Z BR 5/96, BayObLG Z 1996, Nr. 20, ETW, Gruppe 2, 5. 2806).

Dazu einige Anmerkungen aus Verwaltersicht:

Es handelt sich hier um eine weitere eindeutige Entscheidung zu der oft gehörten "Rechtsmeinung", dass die Abwicklung von Versicherungsschäden am Sondereigentum eine „Nebenpflicht„ des Verwalters sei. Das Gericht hat hier deutliche Grenzen gesetzt.

Die Entscheidung ist überzeugend. Der Verwalter im Wohnungseigentum ist für das Gemeinschaftseigentum und für die Verwaltung der gemeinschaftlichen Gelder zuständig. Es gehört zu den Pflichten des Wohnungseigentümers, für die Instandhaltung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile selbst zu sorgen. Darunter fallen auch Maßnahmen aus Risiken. deren Kosten durch die Gebäudeversicherung gedeckt sind bzw. erstattet werden.

Nach der aktuellen Rechtsprechung hat der Verwalter den versicherten Wohnungseigentümern den Namen, die Adresse und die Versicherungsnummer der Gebäudeversicherung mitzuteilen. Aus der Praxis ist bekannt, dass die Gebäudeversicherungen eine direkte Schadensabwicklung mit dem einzelnen, ihnen unbekannten Miteigentümer (der aber zur Gruppe der Versicherungsteilnehmer gehört) vermeiden wollen, denn dazu fehlt ihr das qualifizierte Personal.
Deshalb halten die Versicherer sich gern an den Verwalter und bezeichnen ihn — wie schon fälschlicherweise oft in den Verträgen — als „Vertreter„, was rechtlich nicht haltbar ist.

Versucht ein vom Versicherungsschaden im Sondereigentum betroffener Eigentümer selbst die Schadensregulierung mit dem jeweiligen Versicherer, trifft ihn leider in vielen Fällen „die Macht der Bürokratie„. Der überforderte Mitarbeiter der Versicherung wird sich kaum zu helfen wissen und den „Dienstweg„ einschlagen. Wie soll die Versicherung auch so schnell feststellen, ob es sich tatsächlich um einen ihrer Versicherungsnehmer handelt? Sie hatte es sich bisher recht einfach gemacht und in ihren Akten nur die Adresse der Wohnanlage, die Versicherungsnummer und den Namen des Verwalters dokumentiert. Eine Liste der Miteigentümer fehlt meistens in den Unterlagen.

Grundsätzlich steht ja auch nichts dagegen, wenn der Verwalter hilft und er eine zusätzliche Leistung erbringt, indem er bei der stark reglementierten Schadensabwicklung behilflich ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommt die Frage, wer die daraus entstehenden Kosten trägt?

Hierzu bieten sich drei Möglichkeiten an:

1. Die Gebäudeversicherung:

Sie spart durch die Mithilfe und Koordination des Verwalters das Vorhalten und die Bereitstellung von eigenem, qualifiziertem Personal, das bei einer Vollkostenrechnung je Lohnminute mit knapp DM 1,00 anzusetzen ist.

müsste die Versicherung Personal bereitstellen, würde sie mit Sicherheit die Versicherungsprämien erhöhen, womit es doch wieder alle Wohnungseigentümer trifft.

2. Der betroffene Wohnungseigentümer:

Eine gute Idee? Natürlich nur solange, wie der einzelne Eigentümer nicht selbst an seinem Sondereigentum betroffen ist. Dann fragt er schon einmal, „Warum ab jetzt ich„? Warum waren „die anderen„ in der Vorzeit von den Kosten freigestellt?

Dazu kommt noch das Problem, dass der Verwalter dann nur mit Einzelauftrag des jeweils betroffenen Eigentümers tätig werden kann. Sofern er (als Dritter) Instandsetzungsaufträge erteilt, schicken ihm die ausführenden Handwerker die Rechnungen. Gemeinschaftliche Gelder aus dem Konto der Eigentümergemeinschaft darf er für diese Maßnahmen nicht einsetzen.

Nach erbrachter Instandsetzung schickt der Verwalter die Rechnungen für nicht durch die Versicherung gedeckte Leistungen (z.B. Chromteile, Armaturen, Heizkörper etc.), einschließlich seiner Rechnung über seine Zusatzleistungen, an den Eigentümer mit der Bitte um Zahlung. Oft kommt es zu Mahnungen oder sogar zur Verärgerung. Die vermeintliche Hilfestellung des Verwalters rächt sich spätestens bei der nächsten. Verwalterbestellung, und daran ist dem Verwalter nun überhaupt nicht gelegen!

3. Die Eigentümergemeinschaft:

Auch eine Möglichkeit! Wenn man den Gesichtspunkt der Solidargemeinschaft, die Kostenregelung bei der Abwicklung der Vorzeitschäden und die unter Punkt 1 erwähnte, zu erwartenden Prämienerhöhungen der Versicherung beachtet. noch hinzu, dass es für die Eigentümergemeinschaft sicher kostengünstiger ist, nur für tatsächlich erbrachte Zusatzleistungen des Verwalters zu zahlen, statt das Risiko einer generellen Prämienerhöhung aus der unter Punkt 1 geschilderten Kostensteigerung abzuwarten.

Dann könnte der Verwalter die aus seiner Beauftragung entstehenden Kosten der Instandsetzung vorübergehend — bis zur Erstattung durch den Versicherer bzw. für nicht versicherte Anteile durch den betroffenen Wohnungseigentümer — aus dem Konto der Eigentümergemeinschaft zahlen. Daraus entsteht natürlich ein, von der herrschenden Rechtsmeinung wenig geliebtes Verrechnungskonto, welches sich aber nach Abwicklung und Erstattung des jeweiligen Versicherungsfalles wieder auflöst

Bei einer derartig abzurechnenden Hilfestellung durch den Verwalter müssen für die Eigentümerversammlung einige Vorbereitungen getroffen werden:

A)  Der Verwalter muss sich zur Ausführung derartiger Zusatzleistungen bereit erklären und selbst über das notwendige, qualifizierte Personal verfügen. Einzelheiten und Kosten sollen dann auch im Leistungskatalog zum Verwaltungsvertrag vereinbart werden.

B)   Die Eigentümerversammlung muss durch Mehrheitsbeschluss (ORGA-Beschluß-anfechtbar) neben weiteren Einzelheiten ihr Einverständnis geben, dass vorübergehend gemeinschaftliche Gelder für die Abwicklung von Versicherungsfällen im Sondereigentum eingesetzt werden dürfen.

In diesem Fall fakturiert der Verwalter an die Eigentümergemeinschaft, wobei es dem Versicherer freigestellt ist, auch diese Kosten mit Rücksicht auf Punkt 1 zu übernehmen!

Ein Kommentar von S. Stein WRS-Verlag „Wohnungseigentum“