Mieter kann Minderungsrecht verwirken

 

 Schließt der Mieter vorbehaltlos einen Mietvertrag ab, obwohl er weiß, dass die Wohnung Mängel aufweist (z.B. undichte Fenster, schlechte Geräusch- oder Wärmeisolierung) kann er wegen dieser Mängel keine Rechte (z.B. Mietminderung)geltend machen (§ 536 b BGB bzw. § 539 BGB a.F.) Erkennt der Mieter einen Mangel erst, nachdem er in die Wohnung eingezogen ist oder tritt der Mangel erst später auf, hat der BGH in einer früheren Entscheidung zum alten Mietrecht (NJW 1997, 2647) § 539 BGB a.F. analog angewendet und entschieden, dass der Mieter seine Rechte auf Minderung und Schadensersatz verliert, wenn er über einen längeren Zeitraum (ca. 6 Monate) den Mangel nicht rügt und insbesondere die Miete vorbehaltlos weiter zahlt.

 

Zu dieser Rechtsprechung wird in der Begründung des Gesetzentwurfes zum Mietrechtsreformgesetz (abgedruckt in NZM 2000, 812) ausgeführt, dass nach der Neufassung des Gesetzes eine analoge Anwendung des neuen § 536 b BGB auf nachträgliche Mängel nicht mehr in Frage kommt. Es sei – so die Begründung – wenig interessengerecht, den vorsichtigen Mieter, der mit der Geltendmachung seiner Rechte abwartet, um das Mietverhältnis nicht unnötig zu belasten, mit einem Gewährleistungsausschluss zu „bestrafen“. In diesem Fall soll daher grundsätzlich nur eine Anwendung des neuen § 536 c BGB in Betracht kommen. Danach muss der Mieter dem Vermieter nachträglich auftretende Mängel unverzüglich anzeigen und kann Gewährleistungs-rechte grundsätzlich nur so lange nicht geltend machen, bis die Mängelanzeige erfolgt ist. Nach der Mängelanzeige soll der Mieter seine Rechte (entgegen der BGH-Rechtsprechung) wieder geltend machen dürfen, auch wenn er die Miete mehr als 6 Monate lang vorbehaltlos bezahlt hat.

 

Andererseits wird in der Begründung der Bundesregierung zum Mietrechtsreformgesetz aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber auf eine Regelung der nachträglichen Kenntnis verzichtet hat. Das OLG Naumburg vertritt daher in einem neuen Urteil vom 27.11.2001 (Az.: 9 U 186/01, NZM 2002, 251) die Auffassung, dass auch nach der Mietrechtsreform eine Regelungslücke vorliegt, die mit einer interessengerechten Lösung zu schließen ist. Interessengerecht ist es, die ursprüngliche und die nachträgliche Kenntnis von Mängeln gleich zu behandeln, da ein sachlicher Differenzierungsgrund nicht ersichtlich ist. Durch analoge Anwendung des § 536 b BGB wird diese Gleichbehandlung sichergestellt. Aus der inhaltlich nicht durchgreifenden Begründung der Bundesregierung, der vorsichtige Mieter würde „bestraft“ werden, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Anwendung von § 536 b BGB ausdrücklich ausschließen wollte.

 

Somit bleibt es dabei, dass die vom BGH in der o. g. Entscheidung aufgestellten Grundsätze auch auf den neuen § 536 b BGB übertragen werden können und der Mieter seine Rechte auf Minderung und Schadensersatz verliert, wenn er einen Mangel erkennt und trotzdem über einen längeren Zeitraum (ca. 6 Monate) die Miete vorbehaltlos weiter zahlt (OLG Naumburg a.a.O.).

 

Quelle: http://www.haus-und-grund-muenchen.de