Zigarettenrauch aus der Nachbarwohnung: Mietmangel ja oder nein?

 

von Ralf Schulze Steinen | 06.02.2018

Zigarettenrauch aus der Nachbarwohnung: Mietmangel ja oder nein?

 

1. Zigarettenrauch aus einer Nachbarwohnung kann einen Mietmangel i. S. v. § 536 BGB darstellen, auch wenn das Rauchen in einer Wohnung von deren vertragsgemäßen Gebrauch grundsätzlich gedeckt ist.

2. Aus dem mietvertraglichen Rücksichtnahmegebot ergibt sich einschränkend, dass ein Mieter, der in seiner Wohnung raucht, gehalten ist, einfache und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Mitmieter durch Zigarettenrauch zu ergreifen. 

 

Dies hat das LG Berlin, Urteil vom 10.08.2017, Az. 65 S 89/17, entschieden.

 

Der Fall:

 

In dem zu entscheidenden Fall klagten Mieter über störenden Zigarettenrauch aus einer Nachbarwohnung.

Insbesondere nachts drang der Zigarettenrauch in das Schlafzimmer der Mieter ein, weshalb diese nicht mehr schlafen konnten.

Mit ihrer Klage begehrten die Mieter von ihrem Vermieter die Beseitigung des Zigarettenrauchs sowie die Feststellung ihrer Mietminderungsberechtigung bis die Beeinträchtigungen durch den Zigarettenrauch beseitigt sind.

 

Zu Recht?

 

Ja- das LG Berlin gibt der Klage statt.

1.

Zwar gehöre das Rauchen in einer Wohnung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum vertragsgemäßen Gebrauch, wenn nichts anderes vereinbart sei.

Insbesondere bestehe auch kein gesetzliches Rauchverbot. Auch könne ein (anderer) Mieter grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass das Mehrfamilienhaus, in dem seine Wohnung liegt, nur von Nichtrauchern bewohnt werde.

Allerdings ergebe sich aus dem mietvertraglichen Rücksichtnahmegeboteinschränkend, dass der rauchende Mieter dazu verpflichtet ist, einfache und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Mitmieter durch Zigarettenrauch zu ergreifen. 

2.

Ein Mieter müsse es jedenfalls nicht hinnehmen, dass ein anderer (rauchender) Mieter gegen das für alle Bewohner eines Mehrfamilienhauses geltende Gebot der Rücksichtnahme verstoße, wenn die von diesem ausgehenden Beeinträchtigungen durch Zigarettenrauch aufgrund der örtlichen Gegebenheiten des Gebäudes einfach und zumutbar vermeidbar seien, was hier durch Wechsel des „Rauchorts“ ohne weiteres der Fall sei.

Die das erträgliche Maß überschreitende Intensität der Beeinträchtigungen durch den Zigarettenrauch ergebe sich daraus, dass die Kläger diesem nachts in ihrem Schlafzimmer ausgesetzt seien.

Ihr Schlaf sei – bei lebensnaher Betrachtung – hierdurch beeinträchtigt, wenn sie sich – was ebenfalls vom mietvertraglich vorausgesetzten Gebrauch gedeckt und allgemein üblich sei – dazu entscheiden, nachts bei geöffnetem Fenster zu schlafen.

Die Störung der Nachtruhe durch Zigarettenrauch stelle dabei für sich betrachtet deshalb eine besonders intensive Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache dar, weil die Kläger ihr machtlos, nicht vorhersehbar, während der Ruhezeiten ausgesetzt seien, die – ausweislich zahlreicher gesetzlicher Regelungen – einen besonderen Schutz genießen.

 

Fazit:

 

Das LG Berlin hatte über ein schwieriges Spannungsverhältnis zu entscheiden:

Denn einerseits ist das Rauchen in einer angemieteten Wohnung grundsätzlich von deren vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt. Andererseits stößt dieses Recht dann an Grenzen, wenn der vertragsgemäße Gebrauch anderer Mieter hierdurch beeinträchtigt wird.

Zwischen beiden Stühlen sitzt der Vermieter, der hier das Nachsehen hatte.

Er muss nun durch geeignete Maßnahmen gegen die „störenden Mieter“ Sorge dafür tragen, dass die „gestörten Mieter“ nachts nicht mehr durch Zigarettenrauch beim Schlafen gestört werden.

Wie?

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Ralf Schulze Steinen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht