Beschluss über Nichtaustausch von Wasserzählern entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung

Beschluss des Bayerischen obersten Landgerichts
zur Frage der Eichpflicht bei Wasserzählern

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Beschluss vom 26.03.1998 des Bayerischen obersten Landgerichts
AZ: 2Z BR 154 / 97

Sachverhalt

Entscheidungsgründe

Fazit

Sachverhalt:

Originaltext aus der richterlichen Begründung

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer in den Jahren 1972/73 errichteten Anlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird. Zu der Anlage gehört ein Appartementhaus mit 78 Wohnungen, die teilweise als Ferienwohnungen genutzt werden.

Die Antragsteller haben beantragt, die in der Eigentümerversammlung vom 13.04.1996 zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 4, 7 und 9 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist allein noch der Beschluss zu TOP 9 von Bedeutung; er lautet:

Die Versammlung verzichtet auf die Auswechslung der Warmwasseruhren, gemäß Eichgesetz.

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat in der Wohnungseigentumssache wegen Ungültigkeitserklärung von Eigentümerbeschlüssen

beschlossen:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsteller zu 1 wird der Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 21.10.1997 in Nr. I 2 und 3, Nr. II und Nr. III aufgehoben.

II. Der Eigentümerbeschluss vom 12.04.1996 zu Tagesordnungspunkt 9 wird für ungültig erklärt.

III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten in allen Rechtszügen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 21.400 DM festgesetzt.

 

Entscheidungsgründe:

Originaltext der richterlichen Begründung:

I.

Das Amtsgericht hat am 13.09.1996 den Eigentümerbeschluss zu TOP 7 für ungültig erklärt und die weiteren Anträge abgewiesen. Der Beschluss ist den Antragstellern persönlich am 18.09.1996 zugestellt worden; den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1 ist er nicht zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 02.10.1996 ist am 04.10.1996 beim Landgericht eingegangen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.10.1997 der sofortigen Beschwerde teilweise stattgegeben und auch den Eigentümerbeschluss zu TOP 4 für ungültig erklärt (Nr. I, 1 und II). Den Antrag, den Eigentümerbeschluss zu TOP 9 für ungültig zu erklären, hat es zurückgewiesen (Nr. I, 2). Unter Nr. I, 3 und III hat es über die Kosten entschieden. Die Antragsteller zu 1 verfolgen mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 9 weiter.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Auch die Erstbeschwerde der Antragsteller zu 1 war zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt, denn die Entscheidung des Amtsgerichts hätte den anwaltlich vertretenen Antragstellern zu 1 durch Zustellung an ihre Verfahrensbevollmächtigten bekannt gemacht werden müssen (§ 16 Abs. 1 FGG i.V.m. § 176 ZPO; vgl. BayObLG WuM 1984, 311). Durch die Zustellung an die Antragsteller zu 1 persönlich ist die Rechtsmittelfrist des § 22 Abs. 1 FGG nicht in Lauf gesetzt worden (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 4. Aufl. vor §§ 43 ff. Rn. 73).

Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet.

2. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Amtsgericht ausgeführt: Mit dem Beschluss zu TOP 9 hätten die Wohnungseigentümer im Hinblick auf den Ablauf der fünf-jährigen Eichfrist eine Auswechslung der Warmwasseruhren mit einem Kostenaufwand von ca. 21.400 DM abgelehnt. Dies hätten sie als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung mit Mehrheit beschließen können. Die Wohnungseigentümer seien rechtlich nicht verpflichtet, gültig geeichte Warmwasserzähler zur Kostenermittlung zu benutzen. Eine solche Verpflichtung ergebe sich weder aus der Gemeinschaftsordnung noch aus dem Eichgesetz oder einer anderen Rechtsnorm. Die Vorschriften des Eichgesetzes kämen nicht zur Anwendung , weil die interne Kostenabrechnung der Wohnungseigentümer kein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstelle, selbst wenn einige Wohnungseigentümer ihre Wohnungen an Feriengäste oder sonst vermietet hätten.

3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Eigentümerbeschluss zu TOP 9 verstößt gegen gesetzliche Vorschriften und entspricht nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung, auf die jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch hat.

a) Gegenstand der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer war nicht die Frage, in welcher Form die verbrauchsabhängige Abrechnung der Warmwasserkosten künftig durchgeführt werden soll. Denn die Wohnungseigentümer haben sich schon zu einen früheren Zeitpunkt dafür entschieden, die Wohnanlage nach § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Satz 1 der Heizkostenverordnung mit Warmwasserzähler zur Erfassung des anteiligen Warmwasserverbrauchs auszustatten. Warmwasserzähler unterliegen grundsätzlich der Eich-Pflicht (vgl. Schubart/Kohlenbach/Wienicke Wohn- und Mietrecht Anm. 4, Fischer-Dieskau/Pergande/Brintzinger Wohnungsbaurecht Anm. 6.1, jeweils zu § 5 der Heizkostenverordnung; Erbs/Kohlhaas/Ambs Strafrechtliche Nebengesetze § 25 Eichgesetz Rn. 3).

b) Wie sich aus den vorliegenden Abrechnungen ergibt, werden in der Wohnanlage der Beteiligten bei der Verteilung der Kosten der Warmwasserversorgung gemäß § 9 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Heizkostenverordnung 70 % entsprechend dem durch die Warmwasserzähler erfassten Verbrauchs umgelegt. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist die Verrechnung des Energie- oder Wasserverbrauchs durch Zwischenzähler innerhalb einer Wohnanlage geschäftlicher Verkehr im Sinn der eichrechtlichen Vorschriften (vgl. BayObLg Wohnungseigentümer 1991, 261/263; Staudinger/Bub BGB 12. Auflage § 21 WEG Rn. 178b; Niedenführ/Schulze § 16 Rn. 3 c; Strecker Eichgesetz 2. Auflage Anm. 3 zu §1 Eichgesetz a. F.). Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 1a Eichgesetz in der Fassung vom 23.03.1992 (BGBL 1 S. 711) dürfen Warmwasserzähler nach Ablauf der fünfjährigen Eichfrist (Bei Wärmemengenzähler ebenfalls 5 Jahre, bei Kaltwasserzähler 6 Jahre – Anmerkung des Autors) (vgl. § 12 Abs. 1 in Verbindung mit Anh. B Nr. 6.2 Eichordnung) nicht mehr zur Abrechnung verwendet werden; Zuwiderhandlungen können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Eichgesetzt).

c) Der angefochtene Eigentümerbeschluss entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Im Verhältnis zur Gesamtheit der Wohnungseigentümer ist jeder einzelne Wohnungseigentümer Nutzer der mit Wärme oder Warmwasser versorgten Räume (Staudinger/Bub § 16 WEG Rn. 151) und hat daher gemäß § 4 Abs. 4 der Heizkostenverordnung Anspruch auf funktionstüchtige Erfassungsgeräte (vgl. Schubart/Kohlenbach/Wienicke § 5 Heizkostenverordnung Anm. 5 und § 16 WEG Anm. 6 S. 52 a). Ein Wohnungseigentümer, der seine Räume vermietet hat, kann sich bei einer aufgrund ungeeichter Zähler erstellten Heiz- oder Warmwasserkostenabrechnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 der Heizkostenverordnung einem (15 %igen – Anmerkung des Autors) Kürzungsanspruch seines Mieters ausgesetzt sehen (vgl. Wall, Zeitschrift Wohnungswirtschaft und Mietrecht 1998, 63/66). Ein Eigentümerbeschluss, der die weiterverwendung eichpflichtiger Wärme- oder Warmwassererfassungsgeräte zur Abrechnung der Kosten nach Ablauf der Eichfrist vorsieht, kann daher keinen Bestand haben.

4. Das Landgericht hat die Gerichtskosten des ersten Rechtszugs zu 20 % den Antragstellern und zu 80 % den Antragsgegnern auferlegt, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu 37 % den Antragstellern und zu 63 % den Antragsgegnern. Nach Abänderung der Hauptsacheentscheidung ist diese Kostenentscheidung abzuändern. Der Senat hält es für angemessen, die Gerichtskosten des ersten Rechtszugs und des Beschwerdeverfahrens den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern aufzuerlegen (§ 47 Satz 1 WEG). Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat das Landgericht für den ersten Rechtszug und das Beschwerdeverfahren abgesehen. Im Hinblick auf die in den Rechtszügen ergangenen unter-schiedlichen Entscheidungen hält der Senat dies für angemessen (§ 47 Satz 2 WEG). Für das Rechtsbeschwerdeverfahren sieht er es jedoch als angemessen an, den unterlegenen Antragsgegnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen entsprechend den geschätzten Kosten des Austauschs der Warmwasserzähler auf 21.400 DM festgesetzt.

 

Fazit:

Werden nicht geeichte / beglaubigte Erfassungsgeräte für die Abrechnung verwendet – gleichgültig ob vorsätzlich oder fahrlässig – liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Dieser Verstoß gegen das Eichgesetz kann gemäß Eichgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 20.000 DM geahndet werden. Wie schon oben beschrieben auch dann, wenn ein Beschluss über die Verwendung nicht geeichter Geräte besteht, oder hierüber eine anderweitige Vereinbarung vorliegt.

Der Fachbeitrag Eichung von Wasser- und Wärmezählern geht auf die Konsequenzen bei der Verwendung von ungeeichten Erfassungsgeräten ein und zeigt Lösungsmöglichkeiten auf.