Fassadenanstrich als bauliche Veränderung

Fassadenanstrich als bauliche Veränderung

 
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss im Zuge von Fassadensanierungsarbeiten eine farblich abweichende Gestaltung vom früheren Zustand.

Die Anlage besteht aus 60 Wohnungen. Die rückwärtige Fassade des um einen Innenhof herumgelegenen Komplexes einschließlich der Balkone war seit der Errichtung der Anlage in einem einheitlichen hellgrauen Farbton gestrichen. Im Zuge der Sanierung wurde die Fassade dahin geändert, dass die Balkone einschließlich der sie konstruktiv stützenden Pfeiler farblich mit einem so genannten Terrakottaton abgesetzt wurden. Diese Farbe gefiel einem Wohnungseigentümer nicht, er focht den Beschluss vor dem Amtsgericht Hamburg an und beantragte, den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, mit dem eine farbliche Veränderung der Fassade beschlossen wurde, für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht Hamburg fand, nachdem eine Ortsbesichtigung durchgeführt war, dass der gewählte Farbton sich noch in einem Bereich der reinen "Geschmacksfrage" bewege. Er gefalle dem erkennenden Richter zwar nicht, werde aber von der Mehrheit der Wohnungseigentümer offenbar akzeptiert. Der Antrag auf Ungültigkeitserklärung wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde des Wohnungseigentümers gegen den Beschluss war erfolgreich: Das Landgericht stellte eine "gravierende Veränderung des Gesamtcharakters der Fassade im Sinne einer nachteiligen optischen Beeinträchtigung" fest. Es handele sich bei der Veränderung nicht um eine bloße Geschmacksfrage, sondern um eine gezielte Maßnahme, die den Charakter der Rückfassade verändere. Es erklärte den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft für ungültig. Die weitere sofortige Beschwerde der Wohnungseigentümer blieb erfolglos.

Das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte mit Beschluss vom 17.01.2005, Aktenzeichen 318 T 81/04, dass es sich um eine bauliche Veränderung handelt und zwar deshalb, weil durch die nunmehr deutlich abgesetzte Farbgebung der Balkone und Pfeiler der architektonische Charakter der Fassade nachhaltig verändert worden sei. Werde aber durch einen Neuanstrich das Gesamterscheinungsbild des Gebäudes gezielt verändert, geht dies nach Auffassung des Gerichts über eine bloße Instandsetzung hinaus.

Hinsichtlich der Frage, ob die Wohnungseigentümer dies nach dem Maßstab des § 14 WEG hinzunehmen haben, verweist das OLG auf die Rechtsprechung, wonach eine konkrete, nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Beeinträchtigung festgestellt werden muss. Es bestätigte dem Landgericht, dass es in richtiger Anwendung dieser Rechtsprechung nicht die objektive Abweichung der Farbgebung vom ursprünglichen Zustand für die Bejahung einer Beeinträchtigung hat ausreichen lassen. Entscheidend sei, wie sich die konkrete Veränderung auf das Erscheinungsbild der Rückfassade insgesamt auswirkt.

Die Würdigung des Landgerichts, dass der jetzige Zustand der Fassade als eine Veränderung des architektonisch ästhetischen Gesamteindrucks empfunden werden kann und die Farbe orange von manchem als grell bezeichnet werden dürfte, wird vom OLG nachvollziehbar und durch die zur Akte gereichten Fotos gestützt, angesehen.

Die Hamburger Richter zeigen aber auch Verständnis für die unterlegenen Wohnungseigentümer, denen es unbefriedigend erscheinen muss, dass das Amtsgericht die Farbgebung noch im Rahmen einer zulässigen geschmacklichen Bandbreite betrachtete, das Landgericht dies dann jedoch ins Gegenteil verkehrte und die Grenzen bloßer Geschmacksfragen für überschritten erklärte. Darin realisiere sich – so das OLG – stets das bestehende Risiko abweichender Entscheidungen im Laufe des Instanzenzuges.

Fazit:
Bei einer im Fassadenbereich gewünschten farblichen Neugestaltung ist zur Vorsicht zu raten. Wenigstens dann, wenn die veränderte Farbgestaltung auch das architektonische Gesamtbild verändert, besteht die Gefahr, dass eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung im Sinne von § 14 WEG festzustellen und damit der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgreich anfechtbar ist.

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Hamburger Grundeigentum 3/05, Seite 105

Quelle: www.breiholdt.de